„The-Who-Interview“: In 6 Schritten zum perfekten Kandidaten

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Die wichtigsten Manager-Entscheidungen drehen sich nicht ums WAS, sondern ums WER: das Finden und Einstellen perfekter Mitarbeiter. Mit der A-Methode wird dieser Vorgang zum Erfolgsprogramm – wenn man ein paar zusätzliche Dinge beachtet, die nicht im Buch von Geoff Smart und Randy Street stehen.

Der gehypte New York Times Bestseller „Who – Solve Your #1 Problem“ verspricht deutlich mehr Erfolg bei der Einstellung von Mitarbeitern. Dabei dreht sich alles um die sogenannte A-Methode des „Who-Interviews“ – ein von Geoff Smart und Randy Street selbst entwickelter, systematischer Hiring-Prozess in mehreren, aufeinander aufbauenden Schritten.

Am Anfang steht die sogenannte ABC-Analyse: das Einteilen von Kandidaten in die Kategorien A, B und C. Hierbei sind A-Kandidaten Personen, deren Lebenslauf den gewünschten Anforderungen zu mindestens 90 % entspricht, während C-Kandidaten kaum zum Unternehmen passen und mit ihren Leistungen den Erfolg eher schmälern als verbessern würden. Das Ziel des Who-Interviews ist es nun, ein Team aus A-Kandidaten aufzubauen. Nur diese Menschen haben ein echtes Potential, das Unternehmen spürbar voranzubringen und so den Erfolg für die nächsten Jahre zu garantieren. Mit den folgenden sechs Schritten kann man es schaffen, genau solche Kandidaten zu identifizieren und in sein Team zu holen:

Schritt 1: „Hauptproblem“ erkennen – die Wer-Entscheidung

Zuallererst muss sich der Hiring-Manager anschauen, ob sein eigenes Handeln auch immer zu hervorragenden Ergebnissen führt. Wurden in der Vergangenheit ausschließlich erfolgreiche Kandidaten eingestellt, die das Unternehmen voranbringen? Falls dem schon so ist, kann man nur gratulieren: Bei euch läuft alles top! Weitermachen, statt weiterlesen. Tatsächlich kommt es aber immer wieder vor, dass man durch falsche Fragen oder ungenügende Vorbereitung nur unzureichende Antworten von den Bewerbern bekommt. Die Folge: Es werden nicht die richtigen Mitarbeiter eingestellt.

Problem erkannt. Und jetzt werden wir es lösen!

Schritt 2: Scorecard – die Grundlage des Erfolgs

Die Scorecard ist ein Dokument, das exakt beschreibt, was für eine Person man sich im Idealfall für die offene Stelle wünscht. Sie gliedert sich in drei Punkte: Mission, Ergebnis und Kompetenzen.

Die Mission beschreibt alle Kernziele, welche mit der zu besetzenden Position erreicht werden sollen – in klarer Sprache. Darauf folgen die gewünschten Ergebnisse des Engagements, formuliert nach der „SMART-Methode“, d. h. sie müssen spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminierbar sein. Die Kompetenzen bilden schließlich eine Liste an Verhaltensweisen, welche den Kandidaten für seinen Einsatz qualifizieren. Wichtig ist darüber hinaus, dass der Kandidat auch in persönlicher Hinsicht ein guter „Fit“ ist – also auch kulturell zum Unternehmen passt.

Schritt 3: Permanent Recruiting – einen A-Kandidaten-Flow generieren

Um einen ständigen Flow an potentiellen A-Kandidaten zu ermöglichen, ist es wichtig, die Rekrutierung nicht als einmaliges Ereignis zu betrachten. Akquise ist immer. Man muss ständig am Ball bleiben, um neue Talente zu finden!

Eine sehr erfolgversprechende Methode ist, stets nach Empfehlungen im persönlichen und beruflichen Netzwerk zu fragen. Scheuen Sie sich nicht, erfolgreiche Geschäftspartner, Kollegen und Bekannte anzusprechen: „Wer sind die talentierten Leute, die du kennst, die ich einstellen sollte?“.

Es gilt: Tolle Kandidaten kennen andere tolle Kandidaten. So erhält man einen großen Pool an potentiellen Performern. Sinnvoll ist es ebenfalls, seine vorhandenen Mitarbeiter mit einzubinden und diese zu Talentsuchern zu machen. Schließlich kennen sie die Kultur des Unternehmens bereits und würden nur Personen empfehlen, die auch dazu passen.

Schritt 4: mit vier Interviews den perfekten Kandidaten erkennen

Fundierte Entscheidungen verlangen strukturierte Auswahlprozesse. In vier Interviews werden alle relevanten Informationen gesammelt. Das spart Zeit und erspart Enttäuschungen.

4.1 Erste Übersicht

Ein erstes, kurzes Telefoninterview (nicht länger als 30 min) klärt alles Wesentliche und behebt Unstimmigkeiten.

Relevante Fragen sind:

  • Was sind ihre Karriereziele?
  • Worin sind sie beruflich richtig gut?
  • Worin sind sie beruflich nicht gut? Was interessiert sie im Job weniger?
  • Wer waren ihre letzten Vorgesetzten und wie würden diese ihre Leistung auf einer Skala von 1-10 bewerten?

4.2 Das Who-Interview

Nun folgt ein gründlich strukturiertes Interview. Es soll helfen, den Background des Kandidaten umfassend zu verstehen. Dabei empfiehlt die Who-Methode einen chronologischen Ablauf, beginnend bei der ältesten Station im Lebenslauf.

Die wichtigsten Fragen:

  • Wofür wurden sie eingestellt?
  • Auf welche Leistungen sind sie besonders stolz?
  • Was waren ihre Tiefpunkte während dieses Jobs?
  • Wie hieß ihr Chef und wie buchstabiert man seinen Namen? (Anm. des Verf: Diese Frage wird gestellt, um sicherzustellen, dass der Kandidat die Wahrheit sagt).
  • Wie war es, für die früheren Vorgesetzten zu arbeiten? Was werden ihre früheren Vorgesetzten mir über ihre größten Stärken sagen?
  • Bei Führungskräften: Wie würden sie das Team bewerten, das sie übernommen/bekommen haben? Welche Änderungen haben sie eingebracht? Haben sie jemanden entlassen? Wie würden sie das Team jetzt bewerten?
  • Warum haben sie den Job aufgegeben?

Durch eine chronologische Abfolge der einzelnen Stationen lernt man den Kandidaten gut kennen, kann die einzelnen Punkte des Lebenslaufs verstehen – und bewerten. Mit der Abfrage und Kontrolle von Referenzen wird die Validität der Aussagen des Kandidaten geprüft.

Besonders wichtig ist es beim Who-Interview herauszufinden, warum ein Angestellter seinen früheren Job verlassen hat. Ein klassischer A-Kandidat wird von größeren Aufgaben angezogen, während ein C-Kandidat oft aus seinem Job entlassen wurde bzw. aufgrund von Problemen gegangen ist.

4.3 Das Fokus-Interview

Jetzt kommt die Score-Card zum Einsatz, um zusätzliche, spezifische Informationen über den Kandidaten zu sammeln und abzugleichen. Dabei liegt der Fokus auf einem oder mehreren Ergebnissen und ermittelten Kompetenzen.

Entscheidende Fragen sind etwa:

  • Was waren ihre größten Erfolge in diesem Bereich?
  • Was sind ihre Erkenntnisse über ihre größten Fehler und Erfahrungen in diesem Bereich?

Wichtig ist dabei, immer wieder nachzuhaken, um ein möglichst genaues Bild über die Verhaltensweisen des Kandidaten zu erhalten. Die Fokus-Interviews werden oft von unterschiedlichen Personen durchgeführt und gehen meist über mehrere Stunden.

4.4 Die Referenzinterviews

Sie dienen der Überprüfung von bisher gesammelten Informationen. Nach der Who-Methode sollten mindestens sieben verschiedene Referenzen befragt werden: Drei Chefs, zwei Kollegen und zwei Untergebene.

Hierbei sollten folgende Fragen gestellt werden:

  • In welchem Zusammenhang haben sie mit der Person gearbeitet?
  • Was waren die größten Stärken?
  • Was waren damals die größten Verbesserungspotenziale?
  • Wie beurteilen sie seine Gesamtleistung auf einer Skala von 1-10? Warum?
  • Der Kandidat erwähnte, dass er/sie mit folgenden Problemen in diesem Job zu kämpfen hatte. Können sie mir mehr dazu erzählen?

Im Abgleich mit Angaben aus den vorangegangenen Interviews gibt es eine Reihe von Ausschlusskriterien, um nicht gut passende (B- und C-) Kandidaten zu erkennen:

Der Kandidat

  • weist nicht auf vergangene Misserfolge hin,
  • spricht schlecht über frühere Chefs,
  • kann den Arbeitsplatzwechsel nicht erklären,
  • macht andere für den ausbleibenden Erfolg verantwortlich.

Am Ende des Auswahlprozesses steht eine Menge an Informationen zur Verfügung, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Wichtig dabei: Nur A-Kandidaten einstellen!

Schritt 5: den Kandidaten gewinnen

Nach der Who-Methode geht es bisher darum, das Unternehmen vom Kandidaten zu überzeugen. Jetzt kommt der entscheidende Schritt: den Kandidaten vom Unternehmen zu überzeugen, denn sonst war die ganze Arbeit bis hierhin umsonst.

Um einen Menschen als Angestellten zu gewinnen sollten die „fünf F’s“ stimmen:

Fit, Family, Freedom, Fortune, Fun

  1. Fit: Kandidaten suchen nach Rollen, in denen sie ihre Ziele und Ambitionen mit den Visionen und Werten des Unternehmens verbinden können. Zusammenführen!
  2. Family: Eine so wichtige Entscheidung wie der Wechsel des Arbeitsplatzes wird normalerweise in der Familie diskutiert und entschieden. Deshalb ist es umso wichtiger, dass auch diese vom Unternehmen überzeugt ist. Einbinden!1
  3. Freedom: Besonders für Kandidaten aus der Gen Y & Z ist Freiheit wichtig, damit sie sich voll entfalten können. Gewähren und anbieten!
  4. Fortune: Auch wenn das Gehalt nicht mehr das wichtigste Element ist, sollte es trotzdem eine angemessene Höhe haben. Schnäppchen zahlen sich langfristig nicht aus, weil monetärer Frust die Motivation lähmt. Fair sein!
  5. Fun: Jeder Arbeitnehmer möchte einen Job, der Spaß macht. Hier ist vor allem Kulturarbeit gefragt. Lesen Sie dazu gern den Beitrag „Cultural Fit“!

Einen Kandidaten vollständig von sich zu überzeugen, ist ein langer Prozess und entwickelt sich vom ersten Kontakt bis zu den ersten 100 Tagen im Unternehmen. Er sollte also langfristig mit hoher Aufmerksamkeit bedacht werden.

Schritt 6: Who-Interview etablieren – als Standard im Unternehmen

Erfolgreich sind wir nur gemeinsam. Deshalb reicht es nicht, die A-Methode gezielt anzuwenden. Sie muss zu einem Leitbild im ganzen Unternehmen werden.

  • Machen sie die Menschen zur Top-Priorität!
  • Nutzen sie das Who-Interview!
  • Bauen sie Unterstützung durch ihre Kollegen oder das Führungsteam auf!
  • Entwickeln sie eine klare Vision für das Unternehmen – gemeinsam mit dem kompletten Team!
  • Schulen sie ihr Team!
  • Lösen Sie Themen, die den Erfolg behindern!
  • Implementieren sie neue Richtlinien, die den Wandel unterstützen!
  • Erkennen und belohnen sie diejenigen, die die Methode anwenden und Ergebnisse erzielen!
  • Trennen sie sich von Managern, die sich nicht entsprechend committen!
  • Feiern sie Siege und planen sie positive Veränderungen!

Fazit: „Who“ can do – aber bitte mit Bedacht

Die Who-Methode ist ein gut strukturierter und schlüssig aufeinander aufbauender Prozess für die Gewinnung von guten Kandidaten – vor allem für die Durchführung von professionellen Interviews. Wer diese Methode gewissenhaft anwendet, wird damit sicherlich gute Erfolge erzielen.

Ist sie das Evangelium? Nein, sicherlich nicht. Als erfahrene Recruiting-Manager merken wir an vielen Stellen, dass hier alter Wein in neuen Schläuchen gereicht wird. Gleichwohl ist das Thema gut aufbereitet und sexy präsentiert. Viele werden sich denken: „Was die im Silicon Valley machen, ist doch immer etwas Besonderes. Und wenn das dort alle tun, muss es der absolute Erfolgskracher sein …“

Ausschlaggebend ist aber, die Methode mit Augenmaß zu verwenden und nicht jeden Satz des New York Times Bestsellers wörtlich zu nehmen – vor allem bei folgenden Punkten:

Feedback von Vorgesetzten – nicht alle Referenzen und Namen abfragen!

Die Autoren empfehlen, den Kandidaten nach allen Vorgesetzten zu fragen und sich deren Namen buchstabieren zu lassen – um eventuelle Unwahrheiten zu entlarven.

Bitte beachten sie hier den Einzelfall! Nehmen wir einmal an, sie wären selbst in der Position des Bewerbers: 20 Jahre Berufserfahrung, ständig auf der Jagd nach neuen Herausforderungen. Und ein HR-Manager bittet sie, den Vornamen ihres Vorgesetzten während eines Studentenjobs vor 20 Jahren zu buchstabieren – sowie die Namen von weiteren acht Vorgesetzten.

Nicht unbedingt zu leisten und bestimmt keine tolle Candidate Experience – nicht wahr? Und ja, das haben wir leider in genau dieser Form bei so manchem Unternehmen erlebt.

Sieben verschiedene Referenzen – auf keinen Fall!

Erfolg ist auch eine Frage der Effizienz. Wenn sie ihre Recruiter zu jedem Kandidaten sieben verschiedene Referenzen einholen lassen – dann werden deren wertvolle Ressourcen unnötig gebunden. Und was noch viel schlimmer ist: die der Referenzgeber auch. Wer möchte sowas schon als Teilzeitjob machen – zusätzlich zu seiner Arbeit?

Die Erfahrung zeigt, dass Kandidaten oft schon Mühe haben, drei Referenzen zu benennen. Sieben? Schöne Zahl, schlechte Wahl. In der Regel bekommt man mit drei Referenzen bereits ein aussagefähiges Feedback. Und weiter!

Referenz einholen – bitte nur bei einem Kandidaten!

Die Autoren sagen nichts Konkretes dazu, aber wir beobachten das immer wieder: Es werden Referenzen zu mehreren Kandidaten eingeholt. Auch dies ist reine Ressourcen-Verschwendung.

Man sollte die Referenzen grundsätzlich nur befragen, wenn man sich abschließend für einen Kandidaten entschieden hat. Nicht für zwei oder gar mehrere. Denn damit werden Referenzgeber– und Kandidaten – unnötig strapaziert.

Es kann sogar dazu führen, dass Kandidaten in äußerst brenzliche Situation geraten. Zum Beispiel, wenn sie zum Zeitpunkt der Interviews noch in einer guten Position bei einem anderen Unternehmen beschäftigt sind, das dann als Referenz befragt wird – und am Ende werden sie doch nicht abgeworben, weil man sich für einen anderen entscheidet.

Referenzen sind nur dazu da, um grobe, nicht offensichtliche Auswahlfehler auszuschließen. Die eigentliche Entscheidung sollte vorher erfolgen. Zudem erwartet ein Kandidat mit guten Referenzkontakten auch ein Angebot. Erhält er dies nicht, bleibt eine lausige Candidate Experience. Und kommt das öfter vor, dann spricht es sich auch herum.

Also Referenzen bitte nur für einen Kandidaten einholen!

Dauer der Fokus-Interviews: angemessen

Unternehmen führen die Fokus-Interviews oft mehrere Stunden. Bitte unterscheiden Sie, ob Sie einen CEO einstellen oder einen Junior Recruiter. Die Verhältnismäßigkeit sollte gewahrt bleiben.

Last but not least: Es ist ein Kandidatenmarkt

Will man eine Stelle wirklich mit A-Playern besetzen, ist wichtig, dass diese sich wohlfühlen.

Die Who-Methode ist zwar interessant, aber auch anstrengend für den Kandidaten. Viele, teils lange Interviews. Das macht heute nicht mehr jeder mit. Die Generation X vielleicht, aber Gen Y und Gen Z kennen ihren Marktwert besser. Sie wissen, wie locker manche anderen Unternehmen sind und berücksichtigen das bei ihrer Auswahlentscheidung.

Also bitte auch noch mal bedenken: Stellen sie für einen begehrten Konzern wie Google oder Amazon ein oder ist es eher ein unbekannteres Unternehmen, das einen geringeren Attraktivitätsgrad hat? Interesting to know: Selbst Player wie Amazon bekommen heute reihenweise Absagen von Kandidaten, denen sie ein Angebot machen.

Vom Kopf auf die Füße: begeistern statt beanspruchen

Eigentlich sollte Schritt 5 der Who-Methode der erste Schritt sein: Gewinnen sie den Kandidaten – von Anfang an: mit einer wertschätzenden und konsistenten Candidate Experience.

Wir haben heute einen Kandidatenmarkt. Gute Arbeitnehmer können sich ihre Jobs oftmals aussuchen und sitzen im vielzitierten „war for talents“ am längeren Hebel. Wer sie lange warten lässt oder nicht wertschätzend behandelt, spielt den Wettbewerbern in die Hände. Das ist bislang noch nicht überall angekommen. Also bitte – wie Opel sagt: „Umparken im Kopf!“ Dann finden sie nicht nur die idealen Mitarbeiter, sondern gewinnen Sie auch!

 

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